Bis die
Knie schlottern und die Kühe singen
Die Band Alfiresli spielte kürzlich
im Herminenkeller in Ossingen auf.
SILVIA MÜLLER
Ossingen Eine dramatische Mischung von Zutaten aus aller Welt macht
auch Alfireslis zweites Programm «Lieder
für Knie und Vieh» zu einem ureigenen, brodelnden
Süppchen. Mittlerweile sind nur noch wenige Texte aus irgendeiner
Tradition übernommen, die weitaus meisten sind ebenso wie
die Vertonungen ganz auf Alfireslis eigenem
Miststock gewachsen. Der etwas derbe Ausdruck trifft die Sache
ziemlich genau, warnte doch Sängerin Gabi Fischer die Zuschauer
neben der Bühne vor dem leichten Kuhduft, den zwei der vier
Musiker eventuell noch verströmen. Erst vor einer Woche
sind sie von der Alp im Valsertal herabgestiegen. Mehrere Lieder
waren folgerichtig den alpinen Nutztieren gewidmet.
Im ruhigen Leben zuhinterst im Alpental münden aufregende
Unterbrechungen schnell mal in ein berauschend ausgemaltes Lied
wie das vom «Maharadscha», der mitsamt Hofstaat und
Elefanten für ein paar Monate im Valsertal residiert und dann
plötzlich abzieht. In der Stille danach lauert hinter jedem
Fels wieder der «Tod» auf dem fliegenden Ross wie in
einem Barocklied - Alfireslis musikalisches Einzugsgebiet
ist eben riesig. An haarsträubende Küchenlieder erinnert
entfernt die Nummer vom Streichholzmädchen und vom Lebkuchenjungen.
Und für sehnsüchtige Gedanken an das Schätzli gibt
es in der Abgelegenheit ohnehin Gelegenheit genug. «Fior
della», «Piccino carino», «Röseli» und «Kleines
Tier, tanz mit mir» behandeln diverse Liebesfragen in verschiedenen
Techniken von innig ergeben über augenzwinkernd bis zu Chansonmanier.
In solcher Abgeschiedenheit ist man allerdings stets in Gefahr,
gute oder auch schlechte Gefühle ungestört einzukochen,
bis sie die Konsistenz von Kaugummi haben. «Canzone arrabbiata» und «Pizzicata» könnten
durchaus die explosiven Resultate einer solchen Verdichtung sein.
Egal, welches Thema dran ist, Alfiresli «fägt»,
weil die vier Musiker perkussiv spielen, und dies sparsam, aber
erfindungsreich. Volksmusik bedeutet bei ihnen alles, was Spass
macht zwischen Russland, Sizilien, Manhattan und Buenos Aires.
Ländler, Tango oder Walzer - Hauptsache, es fährt in
die Beine und kitzelt im Herzen. Die Freude an vierstimmigen Melodien
und zwei sich perfekt verzahnende Frauenstimmen machen den Auftritt
kurzweilig. Angenehm ist dabei gerade für Volksmusikabstinenten,
dass der Witz und das Schräge immer wieder durchdrücken.
Bei all den hochgehenden Gefühlen kann man sich ab und zu
das Lachen nicht mehr verbeissen. Und wenn es richtig losgeht,
klingen die vier auch mal kurz wie eine Ländlerkapelle, die
die berüchtigten kleinen Pilze auf dem Kuhfladen probiert
hat.
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