Heimatliebe
und Fernweh
"Alfiresli" spielen "Lieder vom
Wegrand" und erzählen Geschichten voller Sehnsucht. Bei
ihrem Auftritt in Oberstammheim haben sie auch gezeigt, wie leichtfüssig
und witzig Volksmusik sein kann.
EVELINE RUTZ
Die von der Lesegesellschaft Stammheim organisierte „Konzerttrilogie
im Mai“ auf dem Chilebückli ist am letzten Freitagabend
von „Alfiresli“ eröffnet worden. Wegen Regen konnte
das Konzert zwar nicht im Freien stattfinden, doch auch die Galluskapelle
sorgte für eine reizvolle Atmosphäre und optimale Akustik.
Eine ideale Kulisse also für die äusserst melodiösen
und rhythmischen Lieder der Schaffhauser Band, die mit Folklore
kokettiert.
Wenn Gabi Fischer (Gesang, Melodica, Löffel), Désirée
Senn (Gesang, Geige, Handorgel), Andreas Deola (Bassgeige), Albert
den Dekker (Gitarre, Gesang) und Philipp Lippuner (Mandoline, Geige,
Gesang) die Liebe zur Heimat thematisieren, tun sie dies nämlich
voller Charme und mit offensichtlicher Ironie. Lautstark und temperamentvoll
lassen sie in „Gwölch“ die Zufriedenheit eines
Bauern aufleben, während „Muni“ a cappella und
mit keckem Fingerschnippen beginnt. Das Stück über den
stolzen Stier birgt stellenweise jene Sehnsucht in sich, welche
die zwischen Schwermut und Heiterkeit schwankenden Liebeslieder
ausmacht. So schwärmt eines in russischer Sprache von einer
Schönheit namens „Masha“. Entsprechend entflammt
und voller Lebensfreude ertönt die Musik, um plötzlich
von einer schweizerdeutschen Passage gebrochen zu werden. „Wäni
di nu chönt gsee, am Morgä bim Tee“, singt Gabi
Fischer und setzt zu einem heiteren Jodel an, ehe die musikalische
Collage erneut zu Masha schwenkt. Von Liebesdingen handelt dann
auch „Encore“, das von zwei Kollegen und einem Trick,
wie Frauen zu erobern sind, berichtet. Dumm ist nur, dass der eine
damit bei der Frau des andern Erfolg hat. Wesentlich unbeschwerter
tingelt der Hund „Fifi“ durch die Welt und tut allerlei
Gutes. „Sonntag, Sonnenschein, Fifi und ich spazieren am Rhein“,
singen „Alfiresli“ voller Glückseligkeit. „Aber
Abends muss das so sein, Fifi geht fort und lässt mich allein“,
fahren sie fort, um wieder eine Woche mit Wäsche waschen, blumen
giessen und Trompete üben zu überbrücken.
Ob auf Französisch, Russisch, Rumänisch, Tessinerisch
oder gar Kauderwelsch, das Quintett zeichnet mit der leidenschaftlichen
Musik lebendige Stimmungen. Auch wenn das Publikum den Inhalt teilweise
nur erahnen kann, ermöglichen die „Lieder vom Wegrand“
einen unmittelbaren Zugang und verbreiten ansteckende Lebensfreude.
„Jedes Lied hat seine eigene Geschichte“, erzählt
Désirée Senn, und so finden sich in den mitreissenden
Eigenkompositionen unterschiedliche Einflüsse sowie Musikrichtungen.
Mit den eigenwilligen und mit sichtlicher Freude vorgetragenen Stücken
erntete die Band, die über ein beachtliches Repertoire verfügt,
in der Galluskapelle rege Begeisterung. Den herzlichen Applaus belohnte
sie mit drei Zugaben, unter anderem einen erst etwa pathetischen,
dann aber „lüpfigen“ Jodel. |